Vas-y, Marius!

Lernen, für sich einzustehen
Was gefällt ihm besonders am Sprachaufenthalt in Lausanne? Marius muss nicht lange überlegen und antwortet mit einem Leuchten in den Augen. «Besonders gefällt mir, dass ich unabhängig bin. Ich konnte sehr gut profitieren von meinen sozialen Kontakten, habe gut Anschluss gefunden. Ich habe vor allem gelernt, für mich einzustehen, unabhängig von meinen Eltern und meinen Betreuungspersonen. Ich habe gelernt, selbstständig zu sein; ich kann jetzt der sein, der ich wirklich bin.»
Er hat zum Beispiel gelernt, Hürden, die sich im Alltag stellen, mit höflicher Hartnäckigkeit aus dem Weg zu räumen. Wie die Sache mit dem WC. «Ich musste oft warten, bis ich auf die Toilette gehen konnte. Irgendwann ist mir dann der Geduldsfaden gerissen und ich habe mit der Chefin des Betreuungsteams gesprochen und ihr klargemacht, dass das eine Zumutung für mich sei. Ich habe sie höflich gebeten, das zu ändern. Et voilà, es hat geklappt!»
Selbstständig ist Marius nicht nur in der Lausanner Schule, sondern auch auf dem Weg dorthin. Mittlerweile legt er die ganze Strecke vom Wohnort in Zürich mit dem Zug nach Lausanne und dort mit Metro und Bus in die Schule und ins Wohnheim «La Vallonnette» ganz allein zurück. Er ruft bei Bedarf bei den SBB an, weil die Strecke nicht überall rollstuhlgängig ist. Er lernt sogar, sich durchzuschlagen, wenn alle Stricke reissen.
«Einmal war auf dem Weg nach Zürich schon in Fribourg alles aus. Es fuhren keine Züge mehr. Nach ein paar Schreckminuten habe ich mich aufgerappelt und mithilfe einer Mitreisenden eine Lösung für die Heimreise organisiert.»
«Macht das unbedingt!»
Am Leben in der Romandie schätzt Marius auch das Entspannte. «Die Leute sind dort ruhiger, lassen sich mehr Zeit.» In der Schule bleibt neben dem Lernstoff immer auch Zeit für Diskussionen, was ihm besonders gefällt. Als politisch interessierter junger Mann kreuzt er gerne die Klingen – vorwiegend mit den Erwachsenen, die Gleichaltrigen seien leider noch nicht so für politische Themen zu begeistern.
In seiner Freizeit hört er gerne Hörbücher, etwa die Detektivgeschichten von Anthony Horowitz, einem englischen Autor. Oder er konsumiert Podcasts zu politischen Themen und Zeitgeschichte. Die klassischen Interessen seiner Altersgruppe, vor allem Social Media, habe er noch nie geteilt. Doch ein Hobby, dem alle Teenager mit Inbrunst frönen, hat auch er: den Eltern widersprechen. Auf die Frage, was er sagen würde, wenn er für andere Jugendliche in Sachen Sprachaufenthalt einen Werbespot machen müsste, antwortet er wie aus der Pistole geschossen und strahlt dabei schelmisch in Richtung Mutter: «Macht es einfach! Schon alleine, damit ihr von euren Eltern wegkommt!»
Eines ist sicher: In seinem Jahr in Lausanne konnte Marius Entwicklungsschritte in Siebenmeilenstiefeln machen – in sprachlicher, aber auch in persönlicher Hinsicht. Darum ruft er allen zu, die sich einen solchen Schritt überlegen: «Es war eine super Erfahrung, macht das unbedingt! Es kann euch nichts passieren. Ausser, dass ihr eine neue Sprache lernt und neue Gspänli findet.»
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