Jakob Senn – Der «Grüne Heinrich» von Fischenthal
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein brachten die Landschulen den Kindern das Lesen meist nur in Form mechanischen Buchstabierens bei. Das Lesebedürfnis hielt sich deshalb bei der breiten Masse lange Zeit in Grenzen. Erst die Schulreform der 1830er Jahre trieb die Alphabetisierung und Literarisierung der Landbevölkerung energisch voran.
Der exemplarische Fall des Zürcher Oberländer Dichters Jakob Senn (1824-1879) zeigt, auf welch mühsamen Wegen sich die zunehmend leselustige Landbevölkerung in den 1830er und 1840er Jahren ihre Lektüre beschaffen musste, bevor sie sich ab den 1850er Jahren plötzlich mit einem Überangebot an Büchern konfrontiert sah.
Zu Senns 200. Geburtstag hat der Limmat Verlag sein Hauptwerk, den autobiografischen Entwicklungsroman «Hans Grünauer», neu aufgelegt. Darin schildert Jakob Senn mit umwerfendem Charme das Heranwachsen des Bauernsohns Hans Grünauer, der schon früh fürs Auskommen der Familie an den Webstuhl gesetzt wird. Seine Leidenschaft aber gilt den Textgeweben: Süchtig liest er jedes gedruckte Wort, das er auftreiben kann, und beginnt zu schreiben. Der Roman endet mit dem Entschluss zum Leben als freier Autor.
Theaterstück im Februar
Das Theaterstück Der «Grüne Heinrich» von Fischenthal von und mit Matthias Peter am Sonntag, 4. Februar 2024, um 17.00 Uhr im Gartensaal des C. F. Meyer-Hauses berichtet darüber hinaus von den Schattenseiten dieses Lebens, vom Auszug aus der Heimat im oberen Tösstal und den Fremdheitsgefühlen in der Stadt Zürich, von der Niederlassung als Wirt und Autor in St. Gallen und der Auswanderung nach Südamerika sowie von der desillusionierten Rückkehr nach zehn Jahren und dem bitteren Tod in der Limmat.
Ausstellung und Begleitprogramm zeichnen auch ein eindrückliches Bild vom widerständigen geistigen Klima, dem sich Jakob und sein jüngerer Bruder Heinrich Senn ausgesetzt sahen. Ihre literarischen Bestrebungen stossen im kleinbäuerlichen Elternhaus auf vollkommenes Unverständnis. Sie müssen sich ihre autodidaktische Weiterbildung hartnäckig erkämpfen und die Zeit zum Le¬sen und Schreiben dem Schlaf abstehlen. Heinrich Senn notiert dazu am 19. Oktober 1850 in sein Tagebuch: Wir schreiben […] stets in frühen Morgenstunden von 1.00 bis 5.00 Uhr, wenn die Leute gewöhnlich noch schlafen.
Weitere Informationen zum Jakob Senn-Jubiläumsjahr und über die anderen Stationen, an denen die Ausstellung gezeigt wird, finden sich auf der Webseite www.jakob-senn-200.ch. Bringen Sie Ihr Mobiltelefon samt Kopfhörer in die Ausstellung mit – über QR-Codes lassen sich Audiodateien und Videoclips aufrufen.
Platzreservationen erbeten an cfmeyer.haus@kilchberg.ch oder unter 044 715 31 40. Kollekte
Sonderausstellung vom 23. Januar bis 11. Februar 2024 im Kulturkeller im Conradstift, Dorfstrasse 82, 8802 Kilchberg. Offen jeweils Dienstag 14.00 – 16.00 Uhr, Samstag/Sonntag 14.00 – 17.00 Uhr.
Öffentliche Führungen am Samstag, 27. Januar und Sonntag, 11. Februar 2024, jeweils um 15.00 Uhr.
Eintritt frei.
Neu: Kulturkafi im C. F. Meyer-Haus mit Musik
Das Kulturkafi im C. F. Meyer-Haus ist ab Dienstag, 9. Januar, bis zum Beginn der Sportferien wieder regulär offen: Di 14.00 – 16.00 Uhr, Sa/So 14.00 – 17.00 Uhr. An ausgewählten Tagen erklingt neu Musik: Es spielen Schülerinnen und Schüler der Musikschule Kilchberg-Rüschlikon an den Samstagen 13. Januar, 3. Februar, 9. März und 13. April, jeweils um 14.30 und 15.30 Uhr. Das Museums-Team und Musizierende freuen sich auf Ihren Besuch.
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